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Köln: Schock - DuMont schließt Druckerei

DuMont verabschiedet sich vom "Rheinischen Kapitalismus"!?
Mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Druckerei wurden von der Schließung in Kenntnis gesetzt, ein harter Schlag
Kölner Kneipen weigern sich inzwischen Stadtanzeiger und Express auszulegen, das Verlagshaus sei "das Allerletzte" und "unkölsch". Richtig ein solch harter Schritt läßt das Kölsche Herz bitter werden.
Die SPD ist erschüttert: Nach einem Gespräch mit dem Betriebsrat von DuMont Druck die "volle Solidarität" zugesichert. "Wir sind erschüttert über das Vorgehen des Verlagshauses DuMont. Statt seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden, schließt das Unternehmen seine hauseigene, profitable Druckerei, setzt über 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Nacht vor die Tür und flüchtet sich in einen Leiharbeitstarifvertrag einer externen Druckerei", so die KölnSPD auf Facebook.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Facharbeiter und Arbeiter haben ein Durchschnittsalter von 57 Jahren und haben bislang richtig gutes Geld verdient. Derartige Jobs gibt es in Köln in der Branche kaum noch, es dürfte fast ausweglos sein in Köln eine ähnliche Beschäftigung zu bekommen. Setzt man Mitarbeiter ohne jeden Druck einfach vor die Tür? 
DuMont war noch nie sozialromatisch, die tariflichen Beschäftigungsverhältnisse wurden in Arbeitskämpfen abgerungen. Die erste Generation war selbst Drucker, damals das modernste, das revolutionäre Handwerk aber spätere Erben - Generationen sind nicht mit Druckerschwärze unter den Nägeln erschöpft eingeschlafen. Druckereien und Verlage wurden sehr früh digitalisiert, waren bereits in den 1990er Jahren in einem digitalen Workflow. Gedrucktes wird Digitales überstehen, daher werden wertvolle Informationen Fachzeitschriften und Bücher in Zukunft wahrscheinlich wieder einige Bedeutung und Wertschätzung erringen, nur hilft das den Tagesdruckereien wenig. Das Druckereiwesen wird bleiben aber es wird wahrscheinlich gehoben sein, qualitätsvoll sein und seinen Preis haben. DuMont hat Reiseführer, Kunstbücher, dass nicht einmal der Bogenoffset gehalten wurde.
Seit über 400 Jahren gibt es in unserer Stadt eine DuMont Druckerei, das Verlagshaus verfügt damit über eine der ältesten Unternehmenskulturen in der Stadt. Diese eigene Kultur der tariflich und übertariflich bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von Leben und Leben lassen, von Gönnen können ("Jünne künne") wurde im Verlag nun anscheinend verabschiedet. Man wendet sich in den Chefetagen nun so möchte man annehmen dem amerikanischen Denken zu. In den USA sind solche Schritte üblich.
Die Druckerei hat nach Angaben der Mitarbeiter schwarze Zahlen geschrieben bedeutet sie war demnach kein Zuschussgeschäft. Für 200 Arbeiterinnen bedeutet dies nun eine schwere Zäsur im Leben. Ich bin selbst gelernter Drucker und im Durchschnittsalter der Belegschaft, die Meldung hat mich sehr betroffen gemacht. Es dürfte bei den Kolleginnen und Kollegen einerseits tiefe Betroffenheit herrschen aber sicher auch die Bestätigung einer Ahnung, an den Maschinen wird viel über Zukunft geredet. Dort wird man gewußt haben was die Uhr geschlagen hat.
Druckereibranche seit langem im Umbruch, eine kleine Einführung
Mit der frühen Schließung des legendären Druckhauses Deutz   begann eine traurige Entwicklung in Köln. Es gab aus dem Kreis der Mitarbeiter und der Studierenden viele kleine Neugründungen in den 1970er und 80er Jahren wurden viele Druckereien in Köln gegründet, zunächst noch mit machanischen und luftgesteuerten Maschinen. Kleinoffset wurde eingeführt. Doch erzeugte dies Überkapazitäten, die Maschinen wurden immer leistungsfähiger, digital gesteuert und auch immer teurer, der Offsetdruck löste den arbeitsintensiven Buchdruck ab. Das Risiko in Flautezeiten stieg aufgrund von Maschinenkosten. Mit jeder schlechten Konjunktur schlossen Druckereien. Ich kann sagen das nicht eine Druckerei in der ich gearbeitet habe, heute noch an dem Standort oder überhaupt existiert, seit 20 Jahren bin ich raus, habe mich selbständig gemacht im Zuge der Hartz 2 "Ich AG" Gründungen, ohne Druckmaschine. Für die Kolleginnen und Kollegen der DuMont Druckerei wird es wahrscheinlich für diesen Schritt zu spät sein, ich kann nur von der Selbständigkeit abraten, die Selbständigen in Deutschland gehören zu Verlieren der Krisenjahre, macht euch keinen Streß, weint der Maschine nicht nach, versucht nicht in einer Kleindruckerei zu arbeiten, den Weg schaffen die wenigsten, macht etwas ganz anderes. Werdet Busfahrer, Kranführer oder Baggerfahrer, werd Köbes oder geh in den sozialen Bereich als Alltagshelfer wenn ihr könnt geht früher in Rente. Wer jung ist sollte sich dringend anderweitig qualifizieren, ein Studium oder muss sich darauf einstellen ausserhalb von Köln zu arbeiten, im Ausland werden deutsche Drucker geschätzt da viele Maschinen aus Deutschland kommen. Allerdings die USA vergessen, da ist "fire and hire" angesagt. In Paderborn wird in einem katholischen Verlag aktuell ein Rollenoffsetdrucker gesucht. Die Angebote auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind mit anderen Worten überschaubar, aber natürlich da es wenige junge Drucker gibt, gibt es immer wieder Optionen Kollegen die in Rente gehen zu ersetzen. Bei den Helferinnen und Helfern in der Buchbinderei ist es einerseits einfacher einen anderen Helferjob zu bekommen aber schwieriger einen ähnlichen Job zu bekommen. 
Bei anderen Traditionsdruckereien in Köln gab es bereits vor Jahren Teil- oder Vollschließungen: die KVD (Beilagendruck, Bogen und Rollenoffset) hat die Druckerei in Gremberghoven geschlossen, die Tiefdruckerei des Großverlages Bauer Druck hat in Niehl geschlossen, die Druckerei Heider in Bergisch Gladbach schloß, die Traditionsdruckerei Bachem schloß um nur die prominentesten Veränderungen aufzuzählen. das waren alles sehr gut bezahlte Arbeitsplätze. Mit den Printmedien geht es schlicht den Bach runter. Die Papier- und Energiekosten sowie das veränderte Leserverhalten geben den Print - Verlagen oft den Rest.
DuMont ein Erbenunternehmen
Wer ein solches Unternehmen erbt, der sollte es pflegen. Natürlich ist es niemandem Zuzumuten jeden Monat viel Geld in ein aussichtsloses Unternehmen zu stecken um es am Laufen zu halten, irgendwann ist die Kasse leer und das Unternehmen dennoch pleite. Hier ist DuMont in der Pflicht dies darzustellen, laut Aussage der Mitarbeiter hat die Druckerei schwarze Zahlen geschrieben. In diesem Fall wäre dies eine Aufkündigung des "Rheinischen Kapitalismus" und eine Entscheidung für den angloamerikanischen Neoliberalismus, der in der westlichen Welt sowieso auf dem Siegeszug ist, der auf unserem Kontinent vieles zerschlägt.
Gedruckt wird nun in Koblenz ohne tarifliche Bindung, laut SPD Leiharbeitstarif, günstig und ohne die Fixkosten, bedeutet Gewinnmaximierung und eine sichere Reduzierung im Bereich der Fixkosten. Die Fremddruckerei schreibt nur eine Rechnung, Lohnbuchhaltung fällt weg, Sozialabgaben fallen weg... es fallen keine Fixkosten an Lohn- Maschinen - Immobilien an, es besteht keinerlei Bindung, ein Lieferant kann durch andere Lieferanten ersetzt werden. In der Unternehmensbilanz wird sich dies gut machen auch wenn DuMont durch den Schritt leichter wird.
So begründet das Verlagshaus “in eigener Sache”, die Entscheidung mit den allgemein schwierigen Rahmenbedingungen der Branche:
- über seit Jahren sinkende Auflagenzahlen der Zeitungen
- der damit einhergehenden rückläufigen Auslastung in Druckereien.
- Ebenso hätten sich die Rahmenbedingungen für den Zeitungsdruck mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs dramatisch verschlechtert. Die Produktionskosten seien deutlich gestiegen, Papierpreise hätten sich etwa verdreifacht.
Die Herausgeber von Kölner Stadt-Anzeiger und Express, Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte, erklärten zudem, Dumont mittelfristig zu einem rein digitalen Unternmehmen umbauen zu wollen. “Mittelfristig streben wir an, ein rein digitales Unternehmen zu werden. Unsere Leitlinie bei allen Entscheidungen im Familienunternehmen ist es, für herausragende publizistische Qualität zu stehen. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen sahen wir keinen Spielraum mehr für die Entwicklung des Gesamtunternehmens.”
Da der Printbereich insgesamt rückläufig ist und mit Kostensteigerungen in Folge der antirussischen Agenda des Westens zu kämpfen hat, steigende Papier- Energie- Personalkosten, rückläufige Leserschaft, einbrechender Anzeigenmarkt, Katalogwerbung (Stichwort und Vorreiter Rewe...) Probleme neue zuverlässige Mitarbeiter zu generieren, überalterte Belegschaft, hohe Instandhaltungskosten. Ohne Frage ist der Print Bereich bei aller Liebe schwierig geworden. Wenn die Verleger begründen es habe "keinen Spielraum" gegeben, dann bedeutet dies schlicht der Plan die Druckerei organisch auslaufen zu lassen, soweit es diesen gegeben hat wird zugunsten einer Schließung aufgegeben, die Druckerei wäre demnach wirtschaftlich und perspektivisch nicht zu halten.
Für jeden Menschen der im Printbereich groß geworden ist, ist diese Entwicklung bitter, aus dieser selbstbewußten stolzen Branche wird ein niedergehendes Gewerbe. Es wird aber weiterhin gute Perspektiven in Nischen geben.
DuMont hat inzwischen seine größten Einnahmen aus dem Onlinegeschäft des Express, dieser wurde allerdings nicht zu einem bundesweiten Onlineboulevard im Wettbewerb zu "Welt" aufgebaut, man machte nur den halben Schritt. In der Eigendarstellung im "express vor 2 Jahren konnte man noch eine positive Perspektive erkennen durchaus mit Bezug zum Print
 https://www.express.de/sonstiges/dumont-start-up-mit-401-jahren-traditio...
Kann sein, dass es inzwischen schlechter um das Haus steht als allgemein angenommen wird, um die Druckerei sowieso. Das ein Einnahmegeschäft geschlossen wird ist heutzutage nicht zu glauben, es gibt viel zu wenige davon. Das schlimme ist ja, das Kapital mehr Gewinn generiert als Investition in Arbeit, das zerstört jede Basis gesunder Unternehmungen. Wie der Verlag zukünftig tickt wird sich in den Beschäftigungsverhältnissen im Digitalbereich zeigen bzw. zeigt sich in diesem Bereich bereits.
Die Fachpresse schreibt:

verdi.NRW

DuMont Druck Köln: 400 Jahre Druckgeschichte beendet | Landesbezirk Nordrhein-Westfalen

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Print.de

Dumont schließt die eigene Druckerei in Köln

 

kress.de

DuMont macht hauseigene Druckerei in Köln-Niehl dicht - 200 Arbeitsplätze betroffen

 

MEEDIA

Schock bei Mitarbeitern: Medienhaus DuMont schließt Druckerei in Köln

 

Andere schreiben

 

t- online Köln: Express und Kölner Stadt-Anzeiger – Kneipe will DuMont boykottieren

 

https://www.jungewelt.de/artikel/460631.medienbranche-dumont-schlie%C3%9...

 

 

 

 

 

 

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